Hofstelle 19 / Am Fredeholz 6
(Fotografie von 2008)
(Foto von 1980)
(Foto um 1910)
Stirnbalken über der Grootdör des Hauses
BauMeister : Klaus Kühlken : BauHerr : Frerich FarrelMann : DEN : II : Mertz : 1802
Es wird vermutet, dass diese Hofstelle bereits um 1700 existierte und zu dieser Zeit von der Familie Jachens bewohnt wurde, nachweisbar ist dies jedoch nicht. Allerdings heiratet Trine Margrete Jachens (*1755 in Platjenwerbe und Tochter von Frerich und Gretje Jachens aus Platjenwerbe) im Jahr 1774 Arend Farrelmann in Schönebeck. Von diesem Zeitpunkt an ist die Generationenfolge geklärt.
1802 wird das Haus von Zimmermeister Klaus Kühlken aus Platjenwerbe neu errichtet oder erweitert. Bauherr ist Sohn Frerich Farrelmann, der 1804 Gesche Margrete Werkmeister aus Platjenwerbe heiratet. Nach ihrem frühen Tod heiratet er bereits ein Jahr später Gretje Heins aus Schönebeck. Er war Seesoldat und diente (laut Meierabgleich von 1812, dokumentiert im Niedersächsischen Landesarchiv Stade) in der Kaiserlichen Marine.
Bereits 1839 wird die Hofstelle von dem Seefahrer und Koch Hinrich Farrelmann aus der Gutsherrschaft derer von der Borch abgelöst. Er stirbt 1866 in New York, wo er sich wohl eine Existenz aufgebaut hatte, denn Sohn und Witwe ziehen ebenfalls nach New Jersey in Amerika und lassen die Hofstelle hier durch den bevollmächtigten Schmied Johann Hinrich Meyer aus Platjenwerbe Nr. 3 (Koppelweg) verkaufen. Es findet eine Ausschreibung statt und am 18. April 1876 erhält Christian Wilhelm Rödenbeck gegen Zahlung von 4.872 Mark den Zuschlag für das Haus mit Garten und Land in einer Größe von etwa 5 Morgen. Er stammt aus Großendorf, Kreis Lübbecke und arbeitet als Dienstknecht in der Orangerie von Baron Knoop in St. Magnus.
Weitere Ländereien der Farrelmannschen Hofstelle werden an Claus Lamcken in Holthorst, Johann Hinrich Meyer und Hermann Harenborg aus Platjenwerbe verkauft.
2 Jahre später heiratet Christian Wilhelm Rödenbeck in Bürgerei, Kreis Braunschweig, Anna von Hollen..
(Fotografie um 1885)
In der Ehe werden drei Kinder geboren, 1884 der Sohn Christian Wilhelm Rödenbeck, der die Hofstelle übernimmt und 1906 Helena Jacobe Haake aus Niederbüren heiratet. Er ist Kammermusiker am Staatstheater in Bremen und die Musik spielt im Rödenbeckschen Haus auch über weitere Generationen eine große Rolle.
(Fotografie um 1906)
Erst 1892 wird nach behördlicher Genehmigung ein massiver Schornstein eingebaut.
Noch zwei weitere Generationen leben auf der Hofstelle, nach dem Tod des letzten Erben wird das Haus 2014 innerhalb der Familie verkauft und kurz darauf ein weiteres Mal. 2015 erfolgt ein grundlegender Umbau mit historischen Materialien, das Haupthaus bleibt erhalten, der Anbau wird erweitert und das Dach neu mit Reeth gedeckt. Um 2020 erfolge ein weiterer Besitzerwechsel. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass die Kinder der letzten Generation Rödenbeck aus diesem Haus ihre Wohnstätten auf dem zum Elternhaus gehörenden Gartengrundstück gebaut haben.
Musik im Dorf (Quelle: Buch „Platjenwerbe und Stubben“ von Jürgen Krumpeter)
In dem Reetdachhaus Nr. 19 lebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein sehr geachteter und bekannter Musikus, der 1884 geborene Christian Wilhelm Rödenbeck.. Das Haus, in welchem er sein der Musik gewidmetes Leben verbrachte, war von dem aus dem Westfälischen zugezogenen Vater erworben worden. Der Not gehorchend, mußte der junge Rödenbeck schon früh seiner Geige nicht nur süße Töne, sondern auch hartes Kleingeld entlocken. Mit 14 Jahren arbeitete er bereits als Stehgeiger, geigte unter anderem bei Meyer-Farge zum Nachmittagskaffee, dann ging es abends über die Dörfer zur Tanzmusik. Gereist wurde durch Wind und Wetter mit dem Fahrrad, die Geige auf dem Rücken.
Rödenbeck arbeitete sich hoch und wurde am Bremer Stadttheater Mitglied des Sinfonie-Orchesters, später mit dem Titel eines Kammermusikers geehrt. Doch darüber hinaus entfaltete er noch weitere Aktivitäten. Er dirigierte ein eigenes Streichquartett und gab selbstverständlich noch Geigenunterricht.
Etwas abenteuerlich war es schon, wenn der Herr Kammermusiker im Winter abends zum Theater fahren mußte. Die oft grundlosen Wege – die St.-Magnus-Straße wurde erst 1920 gepflastert – zwangen ihn, in seinem guten Frack, aber mit Holzpantinen an den Füßen, sich den festen Weg zur Straße zu suchen, von wo er dann, nach Schuhwechsel, mit dem Fahrrad zum Bahnhof Lesum fuhr. Wenn am Heiligen Abend in der Lesumer Kirche der Gottesdienst beendet war, hörten die Heimkehrenden schon von weitem Weihnachtslieder über die freien Felder schallen. Fünf Bläser hatten sich auf dem Schulhof zusammengefunden. Schlachter Sievers und sein Nachbar Herbert Schardelmann bliesen eine exzellente Trompete, Vater und Sohn Rödenbeck sekundierten, und mit dem Tenorhorn gesellte sich Jonny Kreipke aus Aumund dazu. Fast eine romantisch verklärte heile Welt!
Weitere Informationen zur Geschichte dieser Hofstelle und ihrer Bewohner finden Sie auf https://wiki.genealogy.net/Platjenwerbe_Nr.19